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Ortsbilder im Wandel – Lebensraum mit Geschichte und Zukunft

Die Ortsbilder unserer Dörfer und Städte tragen zur Qualität unseres Lebensraums bei und stiften Identität. Angesichts von Verdichtung, Nutzungsfragen und Interessen steht das baukulturelle Erbe zunehmend unter Druck. Qualitätsbewusste Planung bietet die Chance, unsere Orte zukunftsfähig weiterzuentwickeln, ohne dass sie ihre Seele verlieren.

Luftaufnahme der Stadt Biel-Bienne
Luftaufnahme der Stadt Biel-Bienne (Foto: Stefan Weber).

Die Anforderungen an die Stadt- und Ortsplanung haben sich in der Schweiz in den letzten Jahren grundlegend verändert. Siedlungsentwicklung nach innen ist das Gebot der Stunde. Insbesondere in den bereits dicht besiedelten Räumen soll ein Grossteil des erwarteten Wachstums an Bevölkerung und Arbeitsplätzen aufgefangen werden. Städte und Gemeinden sind gefordert, diese Entwicklung mit geeigneten Planungsinstrumenten aktiv zu steuern und zu ermöglichen.

 Lebenswerte Orte

Dorfansicht Diemtigen (Foto: Martin Wymann, Naturpark Diemtigtal).

Die sorgfältige Weiterentwicklung unserer Ortsbilder liegt im Interesse aller – Gemeinden, Planenden, Bauherrschaften und Bevölkerung. Sie schafft attraktive, funktionale und identitätsstiftende Lebensräume. Der behutsame Umgang mit wertvollen Ortsbildern und die Siedlungsentwicklung nach innen stehen dabei nicht im Widerspruch zueinander, sondern lassen sich durch gute Planung und echte Zusammenarbeit sinnvoll miteinander verbinden.

Wie wir unsere Umwelt gestalten, ist von grosser Bedeutung. Wir alle sind  gefordert, unseren zukünftigen Lebensraum aktiv mitzugestalten. Wo wir wohnen, arbeiten, zur Schule gehen oder unsere Freizeit verbringen, beeinflusst viele Aspekte unseres Lebens. Die Umgebung, in der wir uns bewegen, formt unseren Alltag, unser Lebensgefühl und die Lebensqualität. Die  Auseinandersetzung mit dem eigenen Ort lohnt sich: Sie bietet die Gelegenheit, bestehende räumliche Qualitäten und die identitätsstiftenden Wurzeln zu erkennen, zu stärken und weiterzuent wickeln.

Ortsbild – das Gesicht eines Ortes

Quartierstruktur, Langnau im Emmental (Foto: Denkmalpflege, Katrin Kaufmann).

Ortsbilder sind das gewachsene oder einheitlich geplante Erscheinungsbild einer Siedlung. Sie sind das Ergebnis jahrhundertelanger Entwicklungen und spiegeln die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Geschichte eines Ortes wider. Das Ortsbild wird stark durch das Zusammenspiel der Bauten geprägt – etwa durch deren Anordnung, Grössenverhältnisse  oder die Dominanz einzelner Gebäude. Ebenso wichtig sind die dazwischenliegenden Räume, die Strassen und Plätze, Gärten und Parkanlagen. Auch die Umgebung – wie Berge, Seen, Flüsse, Wälder und Industrieanlagen – beeinflussen den Gesamteindruck eines Ortsbildes.


Ortsbilder prägen den ersten Eindruck, den wir von einer Stadt oder einem Dorf gewinnen. Dabei geht es um mehr als nur die Summe der einzelnen Elemente: Ein Ortsbild vermittelt Eigenarten, Vielfalt, historische Entwicklung und verleiht dem Ort seine ganz eigene Identität.

Ortsbildpflege als gemeinsame Aufgabe

Altstadt von Büren an der Aare (Foto: Stefan Weber).

Der Schutz und die Pflege der Ortsbilder ist eine gemeinsame Verantwortung vieler Akteure: Bund, Kantone, Gemeinden – sowie der Bevölkerung. Die Bundesverfassung verlangt, bei Bundesaufgaben auf Natur- und Heimatschutz Rücksicht zu nehmen. Die Kantone sind zuständig für die Einbindung dieser Schutzinteressen in die Richt- und Nutzungsplanung. 

Die Gemeinden spielen eine Schlüsselrolle: Sie setzen die Ziele des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder ISOS konkret um, nehmen Interessenabwägungen vor und entscheiden über Baugesuche. Auch Bauherrschaften, Planerinnen, Architektinnen und Bürger sind gefragt, Verantwortung für das gebaute Erbe zu übernehmen.

Qualitätvolle Weiterentwicklung: Instrumente

Blick auf Tramelan (Foto: Dominique Plüss).

Für eine qualitätvolle Weiterentwicklung von Ortsbildern stehen Gemeinden, Planungsfachleuten oder Bauherrschaften verschiedene Instrumente zur Verfügung. Sie helfen dabei, Lösungen zu ent wickeln, die sowohl funktional als auch gestalterisch überzeugen und dem Charakter eines Ortes gerecht werden. Architekturwettbewerbe ermöglichen es, aus verschiedenen Entwürfen die beste Lösung auszuwählen. Dabei stehen Qualität, Nachhaltigkeit und Einbindung ins Ortsbild im Fokus. Studienaufträge bieten – ähnlich wie Wettbewerbe – Raum für unterschiedliche Ansätze und vertiefte Auseinandersetzung mit komplexen Aufgabenstellungen. Testplanungen sind besonders in frühen Planungsphasen hilfreich. Sie dienen dazu, Varianten zu prüfen und die Auswirkungen auf das Ortsbild zu erkennen.

Eine Machbarkeitsstudie klärt, ob und wie sich ein Projekt an einem bestimmten Ort realisieren lässt – technisch, rechtlich und wirtschaftlich. Begleitete Verfahren und Fachgutachten stellen sicher, dass ortsbauliche und denkmalpflegerische Aspekte frühzeitig berücksichtigt werden. Sie fördern den Dialog zwischen allen Beteiligten und unterstützen eine sorgfältige Entscheidungsfindung. Das Ortsbildpflege-Team der Denkmalpflege unterstützt die Gemeinden im Planungsprozess.

Einige aktuelle Beispiele, Lösungen und Herausforderungen aus der Praxis stellen wir im Artikel «Planen im Bestand» vor.  Ein Architekt, eine Landschaftsarchitektin und ein Raumplaner erläutern für uns ihre Sicht auf die Entwicklung, die in unseren Ortsbildern stattfindet und die Chancen und Heraus forderungen, die sich daraus ergeben.

Links und Quellen

  • ISOS-Leitfaden, Ortsbildschutz und Innenentwicklung, Bundesamt für Kultur, 2022

  • Ortsbildschutz und Verdichtung, Arbeitshilfe. EspaceSuisse, 2018. 

  • Wer ist zuständig für die raumplanerische Interessenabwägung?, EspaceSuisse,  Inforum 1/2020

Stadtpark und Quartier Gurzelen in Biel-Bienne (Foto: Stefan Weber).

Text: Redaktionsteam

Fotos: Alexander Gempeler, Dominique Plüss, Architektur Stauffer AG, Panorama AG

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