Dächer und Fassaden aus Holzschindeln gehören zum baulichen Erbe der Schweiz. Eine formelle Ausbildung für dieses alte Handwerk gibt es nicht – das Wissen wird mündlich von Generation zu Generation weitergegeben.
Die Eindeckung von Dächern oder Fassaden mit Holzschindeln hat eine lange Tradition. Im Kanton Bern sind Schindeldächer bis heute vor allem im Emmental und im Oberland zu finden. Nur wenige Handwerker beherrschen jedoch die alte Technik der Schindelmacherei noch. Die Herstellung der Schindeln und ihre Anbringung auf dem Dach variieren je nach Region und Handwerker. So kommen im Emmental vor allem dünn gespaltene «Scheieli» zum Einsatz, während im Berner Oberland – ebenso in der Westschweiz – auch robustere Schindeln verwendet werden.
Eine nachhaltige Wahl
Bis ins 20. Jahrhundert waren Schindeldächer weit verbreitet, ehe Ziegel durch Massenproduktion erschwinglicher wurden und sich durchsetzten. Initiativen wie die «Aktion Schindeldach» des Berner Heimatschutzes unterstützen ihre Wiederbelebung. Gründe dafür gibt es viele: Schindeldächer prägen die traditionelle Bauweise von Alphütten, Käsespeichern, Kirchtürmen oder Brücken und verleihen Ortschaften ihr charakteristisches Erscheinungsbild. Zudem wächst das Baumaterial vor Ort nach, und die Wertschöpfung für die Verarbeitung bleibt in der Region.
Neue Schindeldächer
Mehrere Bauwerke im Emmental und im Oberland wurden kürzlich mit neuen Schindeln eingedeckt. So erhielten die Kirchtürme von Signau und Lauperswil neue Schindeleindeckungen. Auch die Moosbrücke in Langnau und der Käsespeicher in Bläuetschwendi, Eggiwil wurden mit Schindeln aus Eggiwil neu gedeckt – sichtbare Zeichen regionaler Verbundenheit. Sorgfältig und mit viel Liebe zum Detail saniert wurde auch das grosse Schindeldach eines Bauernhauses in Boltigen. Die neuen Schindeldächer sind lohnende Ausflugsziele für alle, die regionale Baukultur und traditionsreiches Handwerk entdecken möchten.
Lors de la rénovation de la toiture en tavillons, on a préféré du bois de la région aux plaques de fibrociment (photo : Bahoz Issa).Eggiwil – Ein neues Schindeldach für den Käsespeicher
Die Brücke ist ein wichtiger Übergang für Fussgängerinnen und Fussgänger (Foto: Bahoz Issa).Langnau – Schindeldach zeigt die Verbundenheit mit der Region
Zusammen mit der Scheune von 1794 bildet das Haus ein wertvolles bäuerliches Ensemble. (Foto: Christian Helmle).Boltigen – Schlichtes Bauernhaus mit reicher Geschichte
Die Holzschindelmacher vom Längfeldhubel – ein Kurzfilm von Dominique Plüss
Mit beeindruckender Hingabe und viel handwerklichem Geschick stellen Fritz und Hans Salzmann sowie deren Söhne Roland und Simon in reiner Handarbeit Holzschindeln her – das alte Handwerk haben sie sich selbst angeeignet. Der neue Kurzfilm von Dominique Plüss nimmt uns mit auf eine Reise vom Baumstamm bis zum fertigen Schindeldach – jedes Stück Holz erzählt eine Geschichte.
Für die Instandsetzung des ehemaligen Käsespeichers auf der Oberen Knubelhütte in Eggiwil erhielten Barbara und Klaus Salzmann 2022 den Denkmalpflegepreis des Kantons Bern. Glanzstück der Restaurierung ist das Schindeldach: Die 35'000 Holzschindeln wurden von Hans und Roland Salzmann auf dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb hergestellt.
Die Herstellung von Schindeln beginnt mit der Wahl des optimalen Holzes. Nach dem winterlichen Holzschlag werden die massgenauen Holzscheite mit dem Schindeleisen in einzelne Schindeln aufgespaltet – was viel Feingefühl erfordert.
Text: Barbara Frutiger
Fotos: Christian Helmle, Bahoz Issa
Fachwerk 2025

