Ein Haus fliegt durch die Luft
Beim Handwechsel des idyllisch gelegenen Hofs kam die Idee auf, den zugehörigen Speicher näher zum Bauernhaus zu versetzen.

Zur Zeit, als der Getreideanbau die Landwirtschaft dominierte, wurde auch auf dem Stutz das Getreide in einem schmucken Kleinbau gelagert. Mit dem Strukturwandel hin zur Milchwirtschaft verloren die Speicher an Bedeutung. Auch der kunstvolle Speicher von 1780 wurde zunehmend von Anbauten eingehüllt und diente zuletzt noch als Hühnerstall und Abstellkammer. Die im Lauf der Jahre verbreiterte Durchgangsstrasse und der zunehmende Verkehr bedrängten den Speicher zunehmend, zudem war wegen ihm die Hofausfahrt unübersichtlich.
Beim Handwechsel des idyllisch gelegenen Hofs kam die Idee auf, den Speicher von der Strasse wegzurücken und ihm als Begleiter des jüngeren Bauernhauses wieder eine Zukunft zu geben. In Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege wurde ein Pneukran organisiert und der Speicher in einer spektakulären Hubaktion über die Bäume der Hostett hinweg auf die andere Seite der Zufahrt transloziert. Die Bausubstanz wurde gereinigt, wo nötig restauriert oder ersetzt. Die vorher nicht mehr begehbaren Lauben wurden erneuert.
Anschliessend konnte der Speicher auf ein neues Fundament und einen neuen Schwellenkranz gestellt werden. Dabei diente die traditionelle Holzkonstruktion als spannendes Lehrstück für Vater und Sohn Mühle, die beide in Holzberufen tätig sind.
Massnahmen
Renovierung und Versetzung, 2022
Bauherrschaft: Anna und Markus Mühle-Jörg
Restauratorin: Kathrin Meister, Wyssachen
Bauleute (denkmalpflegerische Massnahmen): Steffen Holzbau GmbH, Wyssachen; Jost Bedachungen, Eriswil; Zaugg AG, Rohrbach (Versetzung)
Denkmalpflege: Arpad Boa
Unterschutzstellung: Kanton 2022
Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/SID), Bund (BAK)
Das Baudenkmal in Kürze
Speicher von 1780
Der ausgezeichnete, zweigeschossige Bohlenständerbau wurde um rund 50 Meter an einen neuen Standort versetzt. Blendarkaden zeichnen seine Schaufassaden aus. Die umlaufende Laube im Obergeschoss weist einzelne Brüstungsausschnitte auf, die an den Schaufassaden in floralen Gruppen angeordnet sind. Die Brüstungen der Dachgeschosslauben sind mit Brettdocken verziert. Auf einem Arkadenbrett befindet sich eine Inschrift mit dem Baujahr. Alle Konstruktionshölzer sind von bester handwerklicher Qualität, die Konsolen sind mit rot akzentuierten Dreieckverzierungen geziert. Zusammen mit den beiden ähnlichen Speichern in Huebershaus (Nrn. 188B und 189A) ist der Speicher ein unverfälscht erhaltenes Beispiel dieses Bautyps.
- In einer spektakulären Hubaktion wurde der Speicher auf die andere Seite der Zufahrt transloziert (Foto: Arpad Boa, Denkmalpflege des Kantons Bern).
- Schaufassade mit Blendarkaden und einer Inschrift mit dem Baujahr 1780 (Foto: Matthias Schneider).
- Die vorher nicht mehr begehbaren Lauben wurden erneuert (Foto: Matthias Schneider)..
Text: Arpad Boa
Fotos: Markus Schneider
Fachwerk 2024