Eine behutsame Restaurierung
Das ehemalige Mühlengebäude aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde um 1905 zum Restaurant für die Arbeiter, die am Bau der Eisenbahnlinie Moutier–Solothurn tätig waren. 2021 erhielt das Haus neue Besitzer, die es restaurierten und zu neuem Leben erweckten.

Die Mühle von Corcelles wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erbaut. Ein Dokument von 1660, unterzeichnet vom Fürstbischof Johann Konrad von Roggenbach (1618–1693), bestätigt ihre Existenz und legt die Abgaben fest, die der Müller dem Fürsten sowie dem Propst des ehemaligen Klosters Moutier-Grandval entrichten musste. Um 1845 wurde das Gebäude, vermutlich nach einem Brand, auf den ursprünglichen Fundamenten neu errichtet. Der Mühlenbetrieb endete in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Mühle in ein Restaurant umgewandelt. Hier wurden die mehr als 300 Arbeiter verköstigt, die am Bau der Eisenbahnlinie und insbesondere an der Errichtung des Viadukts von Corcelles beteiligt waren. Die Nähe des Gebäudes zu dieser Grossbaustelle war ausschlaggebend für die Umnutzung, die sich wirtschaftlich langfristig als profitabler als die Müllerei erwies. Der Restaurantbetrieb blieb bis zur Schliessung bestehen. 2021 erwarb ein an Baukultur und Architektur interessiertes Paar die Liegenschaft, um die Bauten zu restaurieren und zu neuem Leben zu erwecken.
Gesamtsanierung in mehreren Schritten
Das Ensemble besteht heute aus Wohnhaus und Ökonomiegebäude. In einer ersten Bauphase nahm man die Instandstellung und Weiterentwicklung des Wohnhauses in Angriff, in einer zweiten Phase sollen Scheune und Stallungen saniert werden. Diese erhalten eine neue Nutzung, die den Bedürfnissen der Bauherrschaft entspricht.
Beim Wohnhaus blieben historische Elemente und bestehende Strukturen erhalten, sie wurden aufgewertet. Die Aussenhülle des Gebäudes restaurierte man sorgfältig. Die Fassaden erhielten einen neuen Kalkputz, die Inschrift «Restaurant du Moulin» wurde in einer zeitgenössischen Version wieder angebracht. Die Dachkonstruktion – mittels dendrochronologischer Analyse auf 1845 datiert – war weitgehend intakt, nur wenige Elemente mussten ersetzt werden. Dank des Verzichts auf den Ausbau des Dachbodens blieb die vollständige Dachkonstruktion erhalten. Die Dacheindeckung wurde zudem ohne zusätzliche Öffnungen wie Gauben oder Dachfenster erneuert.
Historisches Interieur, neu genutzte Räume
Im Inneren wurden historische Elemente wie Böden, Decken, Holzvertäfelungen, zwei Fenster und die Treppen so weit möglich erhalten. Die Bodenplatte im Erdgeschoss wurde als Grundlage für künftige Bodenbeläge neu gegossen. Im ehemaligen Gastraum des Restaurants befindet sich nun die Küche. Die Holzvertäfelungen aus dem frühen 20. Jahrhundert wurden sorgfältig ausgebaut, restauriert und anschliessend wieder eingesetzt wurden. Die Decke von 1845 blieb vollständig erhalten.
Im Obergeschoss wurde aus der alten Küche ein neues Badezimmer. Die alten Holzböden in den Schlafzimmern wurden ausgebaut, restauriert und wieder verlegt; nur wenige Teile mussten ersetzt werden. Auch eine Trennwand aus der Bauzeit wurde umfassend restauriert, wobei ihre originale Farbgebung erhalten blieb.
Erkenntnisse und Rätsel
Eine dendrochronologische Analyse bestätigte den Wiederaufbau um 1845. Eine Bauuntersuchung konnte zahlreiche Fragen beantworten. Die ursprüngliche Raumaufteilung der Müllerwohnung im ersten Stock liess sich jedoch nicht mit Sicherheit rekonstruieren und wirft weiterhin viele Fragen auf. Dagegen lieferten die Archivmaterialien präzisere Informationen zu den verschiedenen Räumen des Restaurants.
Am Bach wurden der ehemalige Kanal sowie die Öffnungen der beiden Wasserradachsen aus dem 17. Jahrhundert freigelegt. Im Keller kam ein weiterer Kanal zum Vorschein, der jedoch noch genauer untersucht werden muss.
Massnahmen
Innen- und Aussenrestaurierung, 2021–2024
Bauherrschaft: Nathalie Kury und Cyril Kunz
Architekten: Nathalie Kury architecte, Delémont; CKTECH Sàrl, Belprahon
Restauratoren: Alain Fretz, Péry
Baufachleute (denkmalpflegerische Massnahmen): A. Hauser SA, Moutier; Bibler Sàrl, Bressaucourt
Denkmalpflege: Olivier Burri
Unterschutzstellung: Kanton 2024
Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/SID)
Das Baudenkmal in Kürze
Mühle, um 1660; wahrscheinlich nach einem Brand 1845 wiederaufgebaut; heute Wohnhaus
Unter seinem ziegelbedeckten Walmdach ist dieses Gebäude aufgrund seiner ursprünglichen Bestimmungen ein wertvolles historisches Zeugnis. Seine Fassaden, an denen sich Sockel, Eckquaderungen und Einfassungen aus Kalkstein befinden, wurden vermutlich im 19. Jahrhundert bei der Umwandlung in das «Restaurant du Moulin» umgestaltet. Erwähnenswert sind auch die Sprossenfenster und die schöne Symmetrie der Nordfassade mit ihrer gegenläufigen Treppenanlage. Wahrscheinlich befand sich das Wasserrad an der teilweise verputzten Südfassade.
Historische Elemente im Innern wie Treppen und Böden wurden soweit wie möglich bewahrt (Foto: Dominique Plüss).
Die originale Farbgebung der umfassend restaurierten Trennwand blieb erhalten (Foto: Dominique Plüss).
Im neuen Badezimmer im Obergeschoss konnte ein Sprossenfenster erhalten werden (Foto: Dominique Plüss).
Text: René Koelliker
Fotos: Dominique Plüss
Fachwerk 2025