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Wald Kühlewilstrasse 30

Diamantquaderdekor in leuchtenden Farben

Von aussen eher unscheinbar, birgt das älteste Haus der Gemeinde Wald einen Kellerraum mit aussergewöhnlichem Wanddekor. Die Baugeschichte gibt Rätsel auf. Bauforscher, Archäologen und Restauratoren begaben sich auf Spurensuche.

Entdeckung im Untergeschoss: Entlang der Wände zeichneten sich in den Putz geritzte Diamantquader mit Resten kräftiger Farbgebung ab (Foto: Markus Thome, Denkmalpflege des Kantons Bern)..

Am Anfang schien alles klar. Am Rande des Weilers Kühlewil steht eines der ältesten Kleinbauernhäuser auf dem Längenberg, 1639 datiert. Zu dieser Einschätzung passen die Wiederverwendung von Baumaterial und die Erweiterung in mehreren Phasen.

Doch im Untergeschoss kam bei Untersuchungen etwas ganz Besonderes zum Vorschein: Entlang der Wände zeichnen sich in den Putz geritzte Diamantquader mit Resten kräftiger Farbgebung ab. Eine solch aufwendige Dekoration lässt auf eher wohlhabende Auftraggeber schliessen. Hatte der Bau also ursprünglich eine andere Funktion oder gehört der Keller zu einem älteren Vorgängerbau?

Bauforschung als Teamwork

Um das Haus und seine Geschichte besser zu verstehen, mussten Schriftquellen erschlossen und die Bausubstanz analysiert werden. Nur dank intensiver Zusammenarbeit von Spezialistinnen und Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen, koordiniert durch das Team Bauforschung der Denkmalpflege, konnten neue Erkenntnisse gewonnen werden. Der Architekt und Bauforscher Albrecht Spieler sorgte für verformungsgerechte Pläne des Hauses.

Das Dendrolabor des Archäologischen Dienstes konnte die Fälldaten einer ganzen Reihe verbauter Hölzer bestimmen. Als Glücksfall erwies sich die Kooperation mit dem Studiengang Konservierung und Restaurierung der Hochschule der Künste Bern. Angeleitet von Jonas Roters untersuchten Studierende der Vertiefungsrichtung Architektur und Ausstattung die farbig gefassten Oberflächen.

Anne Zumstein sorgte in ihrer Master-Thesis für eine umfassende Analyse der aussergewöhnlichen Wandgestaltung des Kellerraums. Im Rahmen des Lehrgangs Handwerker/in in der Denkmalpflege hat Florian Schiesser die Baustruktur aus der Perspektive des Holzbauers analysiert.

Diamantquader in kräftigen Farben

Das Ergebnis ist bemerkenswert: Alle Befunde sprechen für eine bauzeitliche Ausführung der Dekoration im Untergeschoss. Die eingeritzte Quaderstruktur und die Malerei ist mit dem Deckputz der Wände als Einheit entstanden. Sie bindet die rechteckige Nische ein, deren kleine Vertiefung ursprünglich mit einem eingeschobenen Brett verdeckt werden konnte und als Versteck für Wertsachen gedient haben könnte.

Die Probereinigung und punktuelle Festigungen durch Anne Zumstein lassen einen von kräftigen Farben geprägten Raumeindruck erahnen. Es gibt zwar Beispiele für Quadermalerei in Kellerräumen. Doch das Motiv der Diamantquader schmückt in der Regel Fassaden von Herrschaftsbauten. Für die konsequente Umsetzung in einem Lagerraum und die ausgeprägte Farbigkeit fehlen bislang Vergleichsbeispiele.

Aus gross wird klein?

Die Dendroanalyse der eingemauerten Deckenbalken belegt, dass der reich geschmückte Keller 1639 entstanden ist. Die gleiche Jahreszahl ist am Tennstor-Sturz eingekerbt. Der Raum gehört also nicht zu einem älteren Vorgängerbau. Stattdessen deuten Unregelmässigkeiten in der Holzkonstruktion und andere Indizien darauf hin, dass der Keller ursprünglich zu einem grösseren Haus gehörte, das später verkleinert neu aufgebaut wurde. Das Kleinbauernhaus ist aus den Teilen des grösseren Vorgängerbaus von 1639 entstanden.

In den Urkunden ist bereits 1774 von der «sogenannten kleinen Behausung» die Rede. Damals war das Haus im Besitz der Familie Fischer. Conrad Fischer und seine Söhne gehörten zur wohlhabenden bäuerlichen Oberschicht. Sie amteten als Gerichtssässen und besassen weitere, repräsentativere Anwesen. Erst 1776 gelangte unser – als «Geschiklj» bezeichnetes – Haus mit umliegendem Land in den Besitz eines Handwerkers. Christen Portenier betrieb darin bis 1807 eine Drechsler-Werkstatt.

Es folgte der für die Häuser von Handwerkern und Kleinbauern typische Ausbau in kleinen Schritten: Bendicht Krebs liess 1841 die Fassaden der Stube auswechseln. Samuel Schmutz sorgte in den Jahren vor 1895 für eine Verbreiterung des Wohnteils. Auf den älteren Fundamenten des Vorgängerbaus von 1639 errichtete man die Aussenwände der zweiten Stube. Dabei kamen Steine und Fenstergewände eines zuvor abgebrochenen Ofenhauses zum Einsatz.

Planaufnahme Bauphasen, Längsschnitt (Plan: Albrecht Spieler).

Massnahmen

Bauanalyse und Dokumentation vor Umbau, 2023/24

Bauherrschaft: Beat Blatter, Zimmerwald

Verformungsgerechtes Aufmass: Albrecht Spieler, Münsingen

Restauratorische Untersuchung: Studierende des Studiengangs Konservierung und Restaurierung der Hochschule der Künste Bern unter der Leitung von Jonas Roters; Florian Schiesser, Lehrgang Handwerker/in in der Denkmalpflege

Archäologischer Dienst: Markus Leibundgut, Matthias Bolliger

Denkmalpflege: Peter Ernst, Markus Thome

Unterschutzstellung: Kanton 2014

Das Baudenkmal in Kürze

Bauernhaus von 1639

Bei diesem weithin sichtbaren Hochstudhaus handelt es sich um das älteste erhaltene Bauernhaus der Gemeinde Wald. Es liegt nördlich ausserhalb des Weilers Kühlewil, etwas abseits der Strasse und ist eine frühe Variante des typischen Kleinbauernhauses, wie sie auf dem unteren Längenberg häufig vorkommt. Das Gebäude steht über einem Sockel aus Bruchstein und weist ein eindrückliches Vollwalmdach mit zwei Hochstüden auf. Im westlichen, gemauerten Bereich des Erdgeschosses befand sich vermutlich ehemals ein Ofenhaus. Viel originale Bausubstanz blieb erhalten, insbesondere die Schwellenschlösser oder die zeittypisch gestalteten Brettbaluster der Seitenlaube. Der Ökonomieteil hingegen wurde erneuert, die Haustür ersetzt.

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Text und Fotos: Markus Thome

Fachwerk 2024

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