Geschichtsträchtiges Denkmal mit Feingefühl restauriert
Ein kleines Haus mit grosser Vergangenheit: Das einfache Wohn- und Geschäftshaus war einst der Lebensort der Autorin Rosalia Wenger, die als Elfjährige hierhin verdingt wurde. Das sorgfältig sanierte Gebäude von 1896 beeindruckt durch seine gut erhaltene historische Substanz. Die Architekten bewahrten den einzigartigen Charakter des Bauwerks und schufen gleichzeitig zeitgemässen, funktionalen Raum.

An exponierter Lage steht im Zentrum von Schwarzenburg ein typisches Wohnhaus seiner Zeit. Der Ständerbau mit Schindelverkleidung ruht auf einem Sandsteinsockel und wird von einem weit ausladenden Satteldach abgeschlossen. Dekorative Stockwerkgesimse und Balkonbrüstungen im Schweizer Holzstil gliedern das Gebäude.
Die Sanierung erfolgte mit viel Fingerspitzengefühl und grossem Respekt vor der historischen Substanz des Hauses. Die Fassade und die originalen Fenster konnten bewahrt und sorgfältig restauriert werden. Gleichzeitig wurde das Dach mit einer unauffälligen Solaranlage ergänzt. Im Innern kommen wertvolle Architekturdetails zur Geltung, wobei vorhandenes Material wiederverwendet wurde.
Kräftige Farben im den Innenräumen betonen den Charakter des Hauses. Das vorbildliche Nutzungskonzept orientiert sich eng an der ursprünglichen Struktur und schafft so eine gelungene Verbindung von Alt und Neu. So wurde dem einfachen Gebäude mit viel Engagement neues Leben eingehaucht.
Massnahmen
Sanierung Wohnhaus, Ausbau Dachgeschoss, 2019–2025
Bauherrschaft: Freiluft Architekten BSA SWB SIA, Schwarzenburg
Architekten: Freiluft Architekten BSA SWB SIA, Schwarzenburg
Restauratoren: Fischer& Partner AG Restauratoren, Bern
Baufachleute (denkmalpflegerische Massnahmen): schingle.ch (Schindelmacher der Region, Wernu Riesen, Peter Nydegger, Andreas Hofer, Thomas Rohrbach und Marco Kreuter), Schwarzenburg und Umgebung; Remund Holzbau AG, Schwarzenburg; von Dach AG Bern, Bern (Natursteinarbeiten); Jörg Althaus, Mamishaus (Maurerarbeiten); Malerei Amstutz GmbH, Lanzenhäusern; Dominic Corpataux Bildhauerei & Holzhandwerk, Rüschegg Gambach; Dietmar Ludewig GmbH, Bern (Schlosserarbeiten)
Denkmalpflege: Matthias Trachsel
Unterschutzstellung: in Arbeit
Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/SID und Denkmalpflege)
Das Baudenkmal in Kürze
Wohnhaus von 1896
Der gut erhaltene, zeittypische Wohnbau liegt exponiert an der Kreuzung von Bahnhof-, Thun-, Milken- und Dorfstrasse. Der mit Schindeln verkleidete Ständerbau auf einem teilweise erneuerten Sandsteinsockel wird von einem weit ausladenden Satteldach mit leichten Vogeldielen abgeschlossen. Die Stockwerkgesimse gliedern die Fassade klar und ruhig. Die Giebelseite verfügt über einen Balkon mit dekorativer Brüstung im Dachgeschoss. Über dem der gedeckten Haupteingang befindet sich ein Wabenfenster. Die Südseite wird fünf Fensterachsen und einem Balkon geprägt, die Nordseite von einer durchgehenden, geschlossenen Laube. Die Rückseite ist mit Eternit verkleidet.
Das einfache Wohn- und Geschäftshaus war einst der Lebensort der Autorin Rosalia Wenger, die als Elfjährige zu den hier ansässigen Fuhrhaltersleuten verdingt wurde. Sie arbeitete ihre Zeit als Verdingkind, Arbeiterin, Dienstmädchen und unglückliche Ehefrau erzählerisch auf und schloss sich der Berner Frauenbefreiungsbewegung FBB an. Ihre Autobiografie «Rosalia G.» erschien 1978 und avancierte umgehend zu einem viel gelesenen Werk. Ein zweites Buch mit weiteren Begebenheiten aus ihrem Leben erschien 1982 unter dem Titel «Warum hast du dich nicht gewehrt». Für ihr Werk wurde Rosalia Wenger mit dem Buchpreis der Stadt Bern ausgezeichnet.
Kräftige Farben in den Innenräumen betonen die wertvollen Architekturdetails und den Charakter des Hauses (Foto: David Aebi).
Die vorhandene Substanz blieb, wo immer möglich, erhalten und defekte Bauteile wurden repariert (Foto: David Aebi).
Mit viel Fingerspitzengefühl schufen die Architekten zeitgemässe, funktionale Räume (Foto: David Aebi)
Text: Matthias Trachsel
Fotos: David Aebi
Fachwerk 2025